Katerina

Interview: Natalija Yefimkina, 03/22

„Ich bin Katerina Malofeyeva, ich bin freie Journalistin und lebe in der Ukraine.
Die letzten Wochen haben ich viel von der Frontlinie berichtet. Die Frontlinien ist die gesamte Ukraine.
Ich war in Kharkov und ich war in Mariupol vor der Belagerung.
Es ist eine schwierige Geschichte, denn meine Eltern leben in Donezk.
Es ist keine neue Erfahrung für mich. Ich habe Ähnliches bereits 2014/2016 gesehen. Aber was schwierig ist, das ist den gleichen Horror nochmal durchzumachen. Das ist das zweite mal in meinem Leben, dass ich das traumatische Erlebnis habe, mein Zuhause zu verlieren.
Als dieser Krieg vor 14 Tagen angefangen hat, habe ich 3-4 Tage mich nicht fassen können, [ich froh], ich verstand, dass alles was ich in den letzten acht Jahren aufgebaut und erreicht habe jetzt in der Schwebe ist. Was sollte ich machen, was ist mein Plan?
Drei Tage lang hat es mich geschüttelt, ich war sehr verängstigt und ich habe versucht meine Verwandten in Russland zu erreichen um ihnen zu erzählen was hier los ist. Ich habe versucht ihnen zu sagen, ihr müsst nachdenken, ihr müsst es beenden, ihr müsst protestieren gehen, weil eure Nichte wird vielleicht sterben und mein Blut wird auf euren Händen kleben.
Meine Verwandten haben sich von mir abgewandt, einige haben mich sogar auf Sozialen Medien geblockt.
Die meisten meiner Verwandten leben in Russland, im Moskau, in Südrussland und meine Eltern leben in Donezk und ich versuchen nicht über die Politik mit ihnen zu reden.

Eigentlich bin nur ich alleine die auf der ukrainischen Seite ist. Ich mache mir gleichermaßen Sorgen um meine Eltern und um mich selbst, weil an der Frontlinie zu arbeiten ist auch nicht sicher.

Es ist absolut ein anderer Krieg als der den ich vorher kannte, es ist schrecklich weil es ist nicht nur der Krieg mit Geschossen und schwerer Artillerie – sondern es ist auch ein Krieg mit Drohnen und Luftangriffen, und du kannst den Lufteingriff nicht einplanen und weisst nicht woher die Gefahr kommt.
Was mich erschrocken hat, ist meine Fähigkeit sich an den Luftalarm zu gewöhnen, nach drei Tagen habe ich realisiert, dass das jetzt meine neue Realität, die ich bereits vorher kannte, und ich muss in diesen Umständen arbeiten. Aber ich weiss, dass wenn der Krieg vorbei ist, dann breche ich zusammen, wegen der Masse an Stress und Leid was du jeden Tag siehst, die Masse an menschlichem Leid, verwundeten Menschen, Menschen im Leichenhaus, Menschen die flüchten.
Ich weiss, dass es mich in der Zukunft beeinträchtigen wird.“

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