Aleksej, Slowjansk, Schwarze Tulpe, 36
Interview: Natalija Yefimkina
„Ich heisse Aleksej Jukov, ich lebe in Slowjansk, Region Donezk, Ukraine, bis 2014 habe ich die gefallenen Soldaten aus dem I und II Weltkrieg gesucht, nach 2014 als hier die Kämpfe anfingen arbeite ich für die humanitäre Organisation Schwarze Tulpe und jetzt, 8 Jahre nach dem Anfang der Kampfhandlungen hier, führen wir die Arbeit fort, wir suchen und evakuieren die Köper der Gefallenen.
Es ist ähnlich, nur die Menge ist die Andere, und es ist viel gefährlicher geworden, es ist schwierig Übereinkünfte zu treffen, weil es wird nichts eingehalten.
Unser Auto wurde trotz der Abmachung, dass wir die Köper abholen dürfen, beschossen. Gottseidank blieben wir am leben. Wir haben es rechtzeitig geschafft da raus zu kommen.
Es wurde direkt auf unser Fahrzeug geschossen, auf dem der rote Kreuz aufgemalt ist und Fracht 200 steht.
Es ist sehr gefährlich, sich fortzubewegen, weil alles sich ständig ändert und man muss die ganze Zeit die Nachrichten verfolgen welche Ortschaft, was passiert dort, wird dort geschossen oder nicht und man muss den Kontakt zu den Menschen vor Ort halten, die dort leben, damit man als Gruppe dort sicherer hinkommt um die Körper Gefallenen zu holen.
Letztens haben wir es ausgemacht und haben von dem besetzten Territorium fünf Armeeangehörige geholt.
Wir alle Männer, die hier sind, haben unsere Familien evakuiert und die Männer sind alle zurückgekommen, haben alle weg gebracht und bleiben alle hier.
Wir haben Wunden, Köperschäden, Köperteile und abgerissene Köperfetzen gesehen. Man kann sich nicht dran gewöhnen, das Besondere ist aber das Du verstehst, dass man alles reparieren, aufbauen, wiederherstellen, nur das Leben bringst du niemandem mehr zurück, wenn der Mensch gestorben ist. Deswegen muss man mit aller Kraft versuchen dass der Mensch am Leben bleibt und bei uns ist es gerade so dass wir uns mit den Toten beschäftigen.
Aber das ist nur der Anfang, wir verstehen, dass es dort noch viele Körper gibt. Wir werden auf der Hotline, auf meine Privatnummer von Eltern und die Armeeangehörige angerufen, dass hier und dort noch die Tote geblieben sind und man müsste sie irgendwie holen.
Und wir versuchen rauzubekommen, wo genau sie sind, wer von den Einheimischen, aus den dortigen Regierungen, uns helfen kann.
Weil wir sind einfache Freiwillige, wir machen das alles nur aus eigenem Enthusiasmus und dem eigenen Gewissen, nur dem eigenen Gewissen und faktisch schützt uns Keiner und wenn wir umkommen, dann einfach nur als gute Jungs.
Es gibt die Evakuierung durch die Regierung, die holen die Toten von den Orten hier ab, bringen sie und holen sie ab, aber es sind Armeeleute, niemand wird sie auf das nicht von der Ukraine kontrolliertes Gebiet lassen, nur uns Freiwillige, wie auch schon im Jahr 2014.
Dieser Krieg beeinflusst alle, auch Europa und überhaupt die ganze Welt, aber es ist sehr schwer zu verstehen, dass Du selbst mit diesem Krieg alleine bleibst, eins zu eins. Die Hilfe die aus Europa und USA kommt, die ist sehr wichtig, weil wir faktisch mit dem Feind alleine sind. Das ist sehr hart und sehr schwer, aber wir halten durch, wir sind ja Ukrainer.“